Die schnelle Nahrung für den Hunger zwischendurch erfreut sich seit jeher großer Beliebtheit und das Angebot wächst. Längst ist Fast Food nicht mehr nur die ballaststoffarme und übersalzene Pampe, die Diabetes und Übergewicht fördert. Inzwischen gibt es eine beachtliche Palette von Anbietern, die auf frische Zutaten und Qualität setzen. Eines haben aber weiterhin alle gemeinsam, nämlich Schnelligkeit. In einer Welt, wo Zeit in Geldeinheiten gemessen wird, sind höchstens fünf Minuten, die zwischen Bestellung und Mahlzeit liegen, nicht nur praktisch sondern oft auch notwendig, wenn die Mittagspause mal wieder auf 30 Minuten heruntergekürzt wurde. Zeit hatte man als Kind hingegen mehr als genug. Und dennoch war Fast Food reizvoll, fast schon magisch. Blickt man zurück auf eine Zeit, wo der deutsche Imbiss seine Blütezeit hatte und McDonald’s noch preiswert war, so hat sich in den letzten Jahrzehnten einiges verändert.
Das moderne Schnellrestaurant wurde zur Mitte des letzten Jahrhunderts von Richard und Maurice McDonald etabliert, die von Amerika aus die halbe Welt mit Cheeseburger und Milchshake überschwemmten. Erfunden wurde Fast Food allerdings schon in der Antike. Die alten Römer als auch die Griechen hatten bereits Garküchen an Handelswegen stehen, die Reisende mit fertig zubereiteter Kost versorgten. Bis zur Industrialisierung des schnellen Essens sollten aber noch fast zweitausend Jahre vergehen. Und so erkannten die beiden McDonald-Brüder, da Kantinen kaum vorhanden und Mittagspausen anrüchig kurz waren, dass durch den schnellen Burger bares Geld zu scheffeln ist. Im Jahr 1971 eröffnete der erste „McDonals’s“ dann auch in Deutschland seine erste Filiale.
McDonald’s – Burger und Pommes als Kind beliebt
Und hier beginnt meine Geschichte in den späten Siebzigern und frühen Achtzigern. Als Kind, für das ein Besuch bei McDonald’s immer ein Ereignis war. In den frühen Achtzigern hat sich kaum jemand Gedanken um glückliche Rinder, salzarme Ernährung oder Acrylamid-Pommes gemacht. Nachhaltigkeit und bewusste Ernährung waren für die meisten Zeitgenossen kryptische Fremdwörter und Gesundheit hatte eh einen bizarren Stellenwert. Das „Maurerfrühstück“ aus Wurstbrot und Bierflasche war für viele Erwachsene normal. Und die Kippe danach sowieso.
Dass zuviel Burger, Cola und Pommes mittelfristig dick machen, wusste man schon als Kind. Und jeder kannte über ein paar Ecken so einen kleinen Fettklops als Dauergast im Schnellrestasurant, der sein Taschengeld lieber in Hamburger statt Spielzeugautos steckte. Bei uns in der Familie hingegen war ein Besuch bei McDonald’s immer an ein Ereignis gekoppelt, z. B. nach dem Schwimmbad, Kino oder einer langen Einkaufstour. McDonald’s war somit kein Ersatz für eine richtige Mahlzeit – eher eine Art Bonus, den man sich mal gönnen konnte. Und so erfuhr ich schon als Kind die zeitlose Weisheit des Paracelsus: „Alle Dinge sind Gift, nur die Dosis macht’s.“
Die unverwechselbare McDonald’s-Geruchsmischung hatte ich in meiner Nase schon Minuten bevor der Laden betreten wurde. Pommes, Big Mac und Milchshake – mehr brauchte es nicht zum Glück. Die Inneneinrichtung, das Drumherum und Flair waren mir egal. Von der Optik her sah ein McDonald’s damals noch völlig anders aus als heute. Fliesen wie in der Großküche, alles sehr kahl. Billige Plasikstühle und überfüllte Mülltonnen, aus denen die Reste herausquollen. Dementsprechend war das Image von McDonald’s: Schnell und billig, aber lecker. Besonders trashig der als Pappfigur im Essbereich aufgestellte Clown, der regelmäßig umgerannt wurde. Und trotz dem Flair einer Bauarbeiterkantine verließen die meisten Kinderseelen glücklich das Geschäft.
Stell dir mal vor,
da ist ein Platz du weißt schon wo
da schenkt man dir ein Lächeln und sagt:
Einfach gut,
bei McDonald’s ist es einfach gut,
denn McDonald’s hat die Art die ich mag,
alles da für den Tag
McDonald’s ist einfach gut.
McDonald’s Werbesong um 1990
Deutscher Imbiss – Wurst und Schaschlik als Kulturgut
Wenn ich mich an den klassischen deutschen Imbiss zurückerinnere, so fällt mir als erstes nicht das Essen ein, sondern die zum Inventar gehörenden Geldspielgeräte samt trüber Gestalten, die den langen Tag dort herumsaßen und ihre Sozialhilfe in den dudelnden Automaten steckten. Und wenn sie dann abends ohne einen Pfennig in der Tasche den Laden wieder verlassen mussten, hatten sie so viel Bratfett in den Haaren, dass sie sich am nächsten Tag davon das Brötchen hätten schmieren können. Als Kind fand man das lustig.
Das Essen vom Imbiss mochte ich auch ganz gern, es hatte aber nicht die Strahlkraft einer Junior-Tüte von McDonald’s. Das Angebot war für mich halt typisch deutsch. Es gab Bratwurst in allen Variationen, Schaschlik, Pommes, Schnitzel und Kotelett, Frikadellen sowie Kartoffelsalat. Wobei ich mir keine Gedanken darum machte, warum eine südosteuropäische Spezialität wie Schaschlik als deutsches Kulturgut galt. Oder warum man ausgerechnet Curry auf die deutsche Wurst streute. Hauptsache, es hat geschmeckt.
Und wenn ich ehrlich bin, war so ein deutscher Imbiss auch nicht viel nahrhaltiger und gesünder als McDonald’s. Der Hamburger Royal suggerierte immerhin optisch ein paar Vitamine durch Salat und Tomate. Im deutschen Imbiss musste man Vitamine mit der Lupe suchen. Dennoch gehörte so ein klassischer Imbiss fest zum Stadtbild. In jeden Stadtteil gab es mehrere dieser kleinen Fressläden, die meist von korpulenten Frauen in weißen Kitteln betrieben wurden. Kannte man einen, kannte man alle.
Griechische Tavernen – Gyros Pita in Rekordzeit
Eigentlich gab es für mich nur einen ebenbürtigen Konkurrenten zu Pommes, Big Mac oder Cheeseburger. Und der hieß Gyros Pita. Die griechische Variante des Schnellimbiss nannte sich Taverne, war genauso klein und eng wie ein deutscher Imbiss und spartanisch eingerichtet. Weißer Tresen, zwei Hocker, ein paar blaue Akzente und ein großer, sich drehender Gyrosspieß. So ein Pita ging dann in Rekordzeit über die Theke, meist dauerte es keine zwei Minuten zwischen Bestellung und Reinbeißen. Dieses kross gegrillte Schweinefleisch in Kombination mit Krautsalat und Tsatsiki war für mich einzigartig, geschmacklich und auch vom Geruch her. Die mediterrane Küche galt eh schon immer als mein Favorit – für eine gute Portion Gyros würde ich barfuß nach Canossa latschen.
Intensiv habe ich das als Jugendlicher noch wahrgenommen, wenn ich ausgehungert nach einer langen Partynacht im Morgengrauen noch schnell ein warmes und duftendes Pita verdrücken konnte. Da waren sie wieder, diese magischen Momente der Kindheit. Zu der Zeit waren die Tavernen allerdings schon am Aussterben und es gab nur noch eine Handvoll Exemplare in der gesamten Stadt. Die Vermutung lag nahe, dass es mit den seit den frühen Neunzigern wie Pilze aus dem Boden schießenden Dönerbuden zu tun hatte. Und viele Griechen auf den wachsenden Konkurrenzdruck ihrer Lieblingsnachbarn keine Lust mehr hatten, sich fortan mehr auf das Restaurantgeschäft konzentrierten.
Der Döner setzte sich die Krone auf
Seit den späten Neunzigern hat sich vieles verändert. Der Döner hat inzwischen die Krone auf und ist wahrscheinlich das beliebteste Imbissgericht der Deutschen. Selbst Kleinstädte haben in der Regel mindestens eine Dönerbude vor Ort, und jeder kennt die klassische Floskel einiger Zeitgenossen, wenn sie fachmännisch ihren Döner bestellen: „Einmal Döner mit scharf!“ Lustig wird es, wenn der Dönermann dann „Tut mir leid Kollege, wir haben nur Kalb und Huhn!“ antwortet. Und sich innerlich fragt, wann der erste Typ „Tee mit süß“ bestellt.
Vom Prinzip ist so ein Döner dem Gyros Pita ziemlich ähnlich. Statt Schweinefleisch gibt es Lamm, Kalb oder Pute und der türkische Cacık ist etwas dünner und anders gewürzt als Tsatsiki. Alternativen wie Curry-, Cocktailsauce oder Scharf gibt es meist auch. Zum Krautsalat gesellt sich noch Bauernsalat und Rotkohl. Das war’s auch schon. Und von der Aufmachung der Dönerläden existiert die gesamte Bandbreite: von einfach eingerichteten Imbissbuden bis hin zum gehobenen Imbiss-Restaurant mit Lehmofen und Grill in traditioneller osmanischer Atmosphäre.
Und so mannigfaltig die Anbieter, so unterschiedlich ist auch die Qualität. Beim Döner sollte man lieber ein paar Euro mehr investieren und immer auf einen geschichteten Fleischspieß mit grober Struktur achten – schaut das Ding gummiartig wie aus einem Guss aus und der Döner kostet weniger als drei Euro, dann muss man nicht Carl Friedrich Gauß heißen, um zu bestimmen, dass die Wahrscheinlichkeit sich den Magen zu verderben gegen Eins konvergiert.
Als ich vor ein paar Jahren in der Türkei im Urlaub war, stellte ich verwundert fest, dass der Döner dort völlig anders ist und wenig mit dem eingedeutschen Fleischfladen gemein hat, der bei uns in vielen Läden über die Theke geht. Kein Türke würde auch auf die absurde Idee kommen, Coctailsauce über das Fleisch zu kippen. Da aber viele geschmacksverdorbene Deutsche an sowas gewöhnt sind, hat man sich eben angepasst. Das ist ähnlich als wenn ich in der Türkei einen deutschen Imbiss eröffne und dort Lamm-Bratwurst mit Minzjoghurt anbiete. Findet wahrscheinlich seine Abnehmer, ist dennoch schräg.
McDonald’s – 180-Grad-Wandlung der letzten Jahre?
Die größte Wandlung als Fast-Food-Anbieter hat wohl McDonald’s in den letzten 25 Jahren hingelegt. So als hätte ein Farb- und Typberater das Unternehmen-Erscheinungsbild einmal komplett umgekrempelt. Weg vom billigen Burger-Image und hin zum modernen und nachhaltig orientierten Unternehmen, das die Kunden mit Qualität statt Quantität ins Haus locken will. Als erstes musste die ketchuprote Hintergrundfarbe dran glauben, die seit Ewigkeiten das Markenzeichen beherbergte. Und die Restaurants wurden mit viel Holz, Stein sowie grünen und erdigen Tönen auf edel getrimmt. Das Angebot wurde um vegetarische Burger und Bio-Milch erweitert und ein neues McCafé-Konzept bietet seit dem höherwertigen Kaffee und Süßspeisen an.
Ich persönlich habe diese Wandlung aber nur am Rande mitbekommen, da McDonald’s mit dem Ende meiner Jugend auch keinen so großen Reiz mehr auf mich ausübte. Alle Jubeljahre verirre ich mich mal wieder dorthin und wundere mich jedesmal über diese krude Mischung aus Kindergeburtstag, Assis und Edellook. Irgendwie passt für mich das gängige Publikum nicht zum neuen Erscheinungsbild. Aber egal, mit weitaus kritischeren Augen sehe ich die Preisentwicklung der Marke McDonald’s in den letzten 25 Jahren. Wenn ich mir überlege, welcher wirkliche Gegenwert für die knapp 4,30 Euro über die Theke kommt, wenn ich mir einen pappigen Bic Mac bestelle, wird mir fast blümerant. Für das Geld bekommt man woanders einen hochwertigen Kalbfleisch-Döner mit reichlich Salat. „Sei’s drum“, denke ich mir dann und verlasse mit festem Schritt diese auf edel getrimmte Fast-Food-Vorhölle, um draussen an der frischen Luft für ein paar Momente in ein heiliges Stück Kindheit zu beißen. Und wenn ich dann zuhause bin, koche ich natürlich frisch.
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